Stade (epd). Der Stader Landessuperintendent Hans Christian Brandy hat den Notfallseelsorgern in der hannoverschen Landeskirche gedankt. Sie leisteten Erste Hilfe für die Seele in Krisenzeiten, wenn sich ein Abgrund vor Menschen auftue, sagte der Regionalbischof am Sonntag in einem Gottesdienst in Stade.
Brandy predigte zum 20-jährigen Bestehen der Notfallseelsorge zwischen Elbe und Weser. Sie wurde nach einem Verkehrsunfall gegründet, bei dem Feuerwehrleute einen tödlich verunglückten Kameraden bergen mussten.
Damals hätten die Einsatzkräfte die Frage aufgeworfen, wer für sie sorge, wenn sie seelisch am Ende seien, erinnerte Brandy. Mittlerweile sei die Notfallseelsorge ein etablierter Zweig kirchlicher Arbeit. Im vergangenen Jahr habe es alleine zwischen Elbe und Weser 310 Einsätze gegeben, bei denen 196 Seelsorger aktiv gewesen seien.
"Nach einem Unglück brechen unweigerlich Sinn- und Lebensfragen auf", sagte Brandy. "In diesem Gestrüpp von Fragen da zu sein, sie auszuhalten, zuzuhören, manchmal auch nur zu schweigen, das ist die Aufgabe von Notfallseelsorge. Eine Kerze anzünden, eine Decke reichen, ein Gebet sprechen vielleicht. Die Seele versuchen zu wärmen, da wo auf einmal Eiseskälte herrscht."
Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger engagierten sich in fachlicher Ergänzung mit Rettungskräften, Polizei und Feuerwehr. "Sie stehen eben auch den Einsatzkräften zur Verfügung nach schweren Einsätzen - und sind beteiligt an der Ausbildung", betonte Brandy. In der Mehrzahl der Fälle seien es Einsätze innerhalb eines Hauses, häufig plötzliche Todesfälle. Nur 20 Prozent seien außerhalb, die allerdings oft dramatisch.
Brandy nannte in diesem Zusammenhang die ICE-Katastrophe 1998 in Eschede, bei der 101 Menschen starben und die entscheidende Impulse zur Professionalisierung des Dienstes gegeben hat. Einsatzkräfte der Polizei und der Rettungskräfte können die Seelsorger mittlerweile an allen Tagen im Jahr rund um die Uhr erreichen. Ihre Notrufnummer liegt den jeweiligen Leitstellen vor.
Für die kirchliche Koordination im Sprengel Stade zwischen Elbe und Weser sorgen der Lilienthaler Pastor Hans-Jürgen Bollmann und sein Stader Kollege Christian Berndt.
Berndt wurde am Sonntag von Brandy neu für den Nordteil des Sprengels in diese Aufgabe eingeführt und bringt besondere Erfahrungen mit: Er ist selbst aktiver Feuerwehrmann. Nach seinen Worten reagieren Menschen ganz unterschiedlich auf belastende Situationen. "Die einen suchen Sicherheit und Orientierung, andere wollen reden und weinen. Und es gibt auch diejenigen, die sich ganz zurückziehen. Hier sensibel und aufmerksam auf die jeweiligen Bedürfnisse zu achten, ist Teil der Ausbildung in der Notfallseelsorge."
epd Landesdienst Niedersachsen/Bremen