Draußen sind die Schreie der Möwen zu hören, die in der Abendsonne über dem Wasser und den Straßen im Ort ihre Kreise ziehen. Drinnen füllen sich langsam die Stühle der Urlauberkapelle, gar nicht weit vom Nordsee-Strand in Cuxhaven-Duhnen entfernt. Kinder, Eltern, Großeltern nehmen Platz, dann ein Gongschlag: Jetzt geht sie los, die Gute-Nacht-Geschichte. Kurpastor Karl Asbrock und seine Frau Beate haben eine Tierfabel mitgebracht, die sie im Stil eines Bilderbuchkinos erzählen.
Man könnte eine Stecknadel fallen hören, so konzentriert folgt das buntgemischte Publikum der Geschichte. Ab und zu gibt es einen staunenden Kommentar von den Kindern, die sich vor den Altar gehockt haben, um gut hören und sehen zu können. „Das ist so ein wunderbarer Tagesabschluss“, schwärmt Daniela Sander, die aus Bochum zum Urlaub nach Cuxhaven in Deutschlands größtes Nordseeheilbad gekommen ist. „Ich habe die Gute-Nacht-Geschichten hier schon erlebt, als ich selbst noch ein Kind war“, erinnert sich die 44-jährige Mutter. Jetzt ist sie mit ihren Töchtern Jördis (4) und Jannike (6) hier.
„Die Gute-Nacht-Geschichte ist der Klassiker, die gibt es schon seit Jahrzehnten“, berichtet Asbrock, der sich mit seiner Frau ehrenamtlich für die Urlauberseelsorge engagiert. „Es geht um Geschichten aus dem Leben der Kinder, um Singen und Beten in der Gemeinschaft und am Ende um einen Segen, den alle mit nach Hause bekommen.“ Der Segen, betont Asbrock, sei vielen Besucherinnen und Besuchern besonders wichtig: „Die Menschen brauchen diese göttliche Nabelschnur.“
Die Kapelle in Cuxhaven-Duhnen ist einzigartig, nirgendwo sonst an der Nordseeküste gibt es eine evangelische Urlauberkirche. Hier und in der Region organisiert Urlauberpastorin Maike Selmayr ein Programm, das den Gästen die Möglichkeit geben will, alle Last loszulassen, den Kopf freizumachen. „Die Leute kommen aus einem total vollgestopften Alltag“, hat die Seelsorgerin beobachtet. „Hier können sie Stille erfahren, rauskommen aus der Gedankenmühle, sie können runterfahren und auftanken.“