Neues Schulprojekt hilft trauernden Kindern

Nachricht Osterholz-Scharmbeck, 27. März 2017

Pädagoginnen der Menckeschule öffnen im Anderland die erste Trauerkiste für Grundschulen

OSTERHOLZ-SCHARMBECK: Ein neues Projekt von Anderland macht jetzt Schule: Das Team des Trauerzentrums für Kinder und Jugendliche hat eine Trauerkiste entwickelt, die Grundschüler beim Trauern über den Verlust nahestehender Menschen begleitet. Am vergangenen Mittwoch öffneten Lehrkräfte der Menckeschule mit dem Anderland-Team im Trauerzentrum die erste Trauerkiste. Was ist drin? Wie kommt sie an? Wie wird sie eingesetzt? Gäste und Gastgeber tauschten sich bei der Fortbildung zum Projektstart lebhaft aus. Und weitere Trauerkisten stehen für interessierte Schulen der Region schon bereit.

„Ich bin ihnen für dieses tolle Projekt, ihre Ideen und das Engagement sehr dankbar“, lobte Norbert Mathy die Ehrenamtlichen von Anderland für ihre zweijährige Entwicklungsarbeit zur Trauerkiste. „Die Trauerkiste ist ein äußerst gelungener Beitrag, um angesichts von Trauer und Verunsicherung sprachfähig zu bleiben und Raum zum Trauern zu geben“, sagte der Geschäftsführer des Diakonischen Werkes des Ev.-luth. Kirchenkreises Osterholz-Scharmbeck. Anderland begleitet seit 2012 trauernde Kinder und Jugendliche und wird vom Kirchenkreis und durch Spenden finanziert. Rund 30 Grundschulen im Kirchenkreis Osterholz-Scharmbeck wurden angeschrieben, vier interessieren sich bereits für die Trauerkiste, die in Verbindung mit einer einführenden Fortbildung kostenfrei vom Kirchenkreis abgegeben wird.

Die Vorstellung der Trauerkiste war Teil einer Fortbildung, in der die Trauerbegleiterinnen von Anderland ihre Erfahrungen an drei Religionsfachkräfte der Menckeschule weitergaben. Die Lehrerinnen hatten bereits Berührung mit Todesfällen in den Familien ihrer Schüler. „Da ist es für uns wichtig, dass wir vorbereitet sind, wenn diese Fälle eintreten“, sagte die Pädagogin Heike Schürholz.  

Wie Trauer in der Schule zum Thema werden kann, deutete Gerd Rühlemann an. Als Pastor und pädagogischer Mitarbeiter von Anderland sensibilisierte er die Gäste für ihre schulische Praxis: „Es gibt kein bestimmtes pädagogisches Ziel, auch nicht den Trost oder die Besserung der Gefühlslage“. Es gehe um „achtsames Begleiten“, darum „Räume für die Ressourcen der Kinder zu öffnen“, dem „Kind die Handlungsführung zu überlassen und dessen Pendeln zwischen Schmerz und Zukunftshoffnung mit auszuhalten“, sagte Rühlemann. Pädagogen könnten so Impulse geben, um mit den Kindern Rituale zu finden und einen Ort für die Trauer zu bieten. Kurz zuvor hatte Trauerbegleiterin Christine Holst die Gäste durch Anderland geführt und ihnen gezeigt, wie kreativ, individuell und auch verschlüsselt die Kinder ihre Trauer ausleben. In der Gesprächsrunde, mit Kuscheln, beim Malen oder Hämmern, am Boxsack oder beim Toben.

Wie kann die Trauerkiste dabei helfen? Stück um Stück förderte die Runde den Inhalt zutage: ein gelbes und schwarzes Samttuch, Kerzen, Teelichter, Streichhölzer, Luftballons, einen Stein, Perlen, einen Ball, Federn, Vasen, ein Kondolenzbuch, eine Baumscheibe, Stimmungskarten, lustige und traurige Kinderfiguren, einen Tonengel und Begleithefte für den Unterricht. Rund 30 symbolträchtige Utensilien mit Anleitungen, welche die Runde zu einer lebendigen Gefühls- und Phantasiereise und vielen Praxisideen anregten.

„Wut, Trauer, Erleichterung: Toll, dass so viele Gefühle angesprochen werden“, lobte Pädagogin Iris Effe die bunte Vielfalt, aus der die Kinder aussuchen können. „Die Schüler sind emotional, gehen spielerisch mit dem Inhalt um, lassen sich gerne anregen“. Sonja Mackenberg, ebenfalls Lehrkraft der Menckeschule, sieht die Trauerkiste auch als Gestaltungsprojekt: „Da bleibt noch genug Luft in der Kiste, damit wir unsere eigenen guten Ideen und Erfahrungen hineinpacken können“, freute sie sich. Die Kiste sei „eine mutige und wertvolle Initiative“. Alle Pädagoginnen begrüßten, dass mit der Trauerkiste die Gefühle in Bewegung kommen – auch bei den Lehrkräften. Gisela Schomacker vom Anderland-Team regte an, die Trauerkiste „vorbeugend sowie akut zu aktuellen Anlässen“ einzusetzen und erinnerte an die verstörenden jüngsten Attentate.  

Die nächsten Termine für Fortbildungen zur Trauerkiste sind am 5. und 25. April sowie am 8. Mai, jeweils von 16:00 bis 19:00 Uhr im Anderland. Interessierte Schulen können sich für Infos oder Schulungen melden unter Tel. 04791/980664 und der Mail anderland.ohz@evlka.de. Weitere Infos zu Anderland: www.anderland-ohz.de.

Roland Hofer

Anderland