von Landessuperintendent Dr. Hans Christian Brandy
Gott spricht: „Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ Offenbarung 21,6
Im letzten Sommer sind wir in Südfrankreich Fahrrad gefahren. Oft bei großer Hitze. Wie wohltuend war es da, dass man in Frankreich immer als erstes eine Karaffe frischen Wassers auf den Tisch bekommt, kostenlos vom Wirt dorthin gestellt. Wasser für Durstige - ganz umsonst.
Vom lebendigen Wasser, das Gott den Durstigen umsonst geben will, spricht die Jahreslosung aus der Offenbarung des Johannes, ein Satz aus den letzten Kapiteln der Bibel. Eine grandiose Zukunftsvision, ein einzigartiges Bild der Zukunft Gottes mit den Menschen: Gott wird bei seinen Menschen wohnen. Er wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein. Einer der größten Hoffnungstexte des Christentums, ja der Menschheit.
Für die Christen am Ende des ersten Jahrhunderts waren die Worte nicht ferne Zukunftsmusik, sondern konkreter Trost in schwerer Zeit: Die christliche Gemeinde lebte in Bedrängnis, nicht zuletzt weil sie sich der religiösen Verehrung des Kaisers widersetzte. Da waren manches Mal Tränen, Schmerz, Geschrei und Tod. In dieser Lage gaben die Bilder des Sehers Johannes Hoffnung. Und sie gaben Kraft, die Gegenwart zu bestehen und zu gestalten. Wo die Christen sich von dieser Zukunft Gottes erzählten, da war Trost, da wurde schon Durst gestillt, da war Gott bereits da.
Ob wir dieses Wort für 2018 auch so hören können? Bedrängnisse und Sorgen belasten auch uns. Rasante technische Entwicklungen sorgen für immer mehr Beschleunigung, das Klima verändert sich gefährlich, manche politischen Entwicklungen in Europa und in der Welt treiben uns die Sorgenfalten auf die Stirn. Da ist manchmal für große Hoffnungen gar kein Platz. Wir sind schon dankbar, wenn es halbwegs gelingt, die Probleme in den Griff zu bekommen und den Ist-Zustand zu sichern. Dabei wäre doch genug zu tun.
„Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ Solche Bilder haben durch alle Jahrhunderte hindurch ermutigt, gerade in dunklen Zeiten. In Südafrika war die Offenbarung beispielsweise eine entscheidende Kraft der Christen im Kampf gegen die Apartheid. Denn in ihr wird die Vision von einer Welt ohne Ungerechtigkeit und Leiden formuliert.
Solche Bilder können auch eine große Ermutigung für unser gegenwärtiges Handeln sein.
Lebendiges Wasser. Ohne Wasser gibt es kein Leben. Nicht einen Tag können wir ohne Wasser bestehen. Aber wir kennen nicht nur den Durst nach Wasser, sondern auch den nach Leben, nach Erfüllung, nach Sinn, nach Liebe. Lebendiges Wasser umfasst für mich all das.
Das will Gott schenken. So wie er es schon einmal getan hat, als Jesus von Nazareth in einem Stall in diese Welt gekommen ist, um unter uns zu wohnen. Die Weihnachtszeit ist für manchen bis heute wie ein Becher frischen Wassers nach langer Durststrecke.
Jesus hat später an einem Brunnen in der Wüste einer Fremden aus Samarien gesagt, er selbst sei das lebendige Wasser (Johannes 4,10): Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten. Und: Jesus bringt zum Ausdruck, dass Menschen, die ihm vertrauen, zu einer Quelle der Lebendigkeit für andere werden können: Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen. (Johannes 7,38).
Lebendiges Wasser – umsonst. Ohne Leistungsdruck, ohne dass uns die Rechnung präsentiert wird. Eine Karaffe frischen Wassers kostenlos auf den Tisch gegen den Durst der Ohnmacht, der Verzweiflung, der Verzagtheit. Eine großartige Zusage Gottes für das neue Jahr. Und eine große Ermutigung, im Vertrauen auf Christus aktiv die Gegenwart und die Zukunft zu gestalten. In den 365 Tagen des Jahres 2018, aber auch darüber hinaus.
Es grüßt Sie herzlich,
Ihr
Hans Christian Brandy