Kinder und Familien zu unterstützen, ist das Ziel der Benefizaktion „Hand in Hand für Norddeutschland“, die in diesen Tagen vom NDR durchgeführt wird. Partner der Rundfunk-Aktion ist die Diakonie in Niedersachsen. Ein konkretes Projekt der Diakonie in Bremervörde ist der Stadtteilladen der ev.-luth. Auferstehungskirche.
Saskia kommt mit dem Bus aus der Schule, und ihr erster Weg führt sie in den Stadtteilladen am Mittelkamp. Sie freut sich, dass sie heute keine Hausaufgaben aufbekommen hat. „Wir waren im Pflegeheim und haben mit den Leuten gebastelt“, sagt sie, setzt sich an den Tisch und beginnt, ein Weihnachtsgeschenk für ihre Mutter zu malen. Sie kommt von Montag bis Donnerstag jeden Tag in den Laden und macht dann normalerweise ihre Deutsch- oder Mathehausaufgaben. „Manchmal verstehe ich die Aufgabe nicht, aber hier ist immer jemand, der mir hilft.“
Zum Beispiel Gudrun Kleinegees. Sie, die pensionierte Lehrerin, arbeitet ehrenamtlich im Laden und sitzt mit Kosae an einem Tisch. Er ist erst seit kurzem in Deutschland. Dafür, dass er anfänglich keinerlei Sprachkenntnisse hatte, macht er jetzt schon gute Fortschritte. Die gezielte Förderung in der Schule und eben auch im Stadtteilladen hilft ihm.
Für Saskia wird es Zeit, zum Mittagessen zu gehen. Ihre Mutter und fünf andere Mütter und Väter haben sich zu einer Kochinititative zusammengeschlossen. Jeden Montag und Mittwoch wird im Gemeindehaus der Auferstehungskirche auf der Basis von Gegenseitigkeit gekocht und dann zusammen gegessen. Derzeit nehmen außer den Erwachsenen zwölf Kinder am Essen teil. „Das Wichtigste ist für mich die Gemeinschaft dabei“, sagt eine alleinerziehende Mutter, „und dass man sich gegenseitig vertritt, wenn mal einer nicht kann.“ Sich abwechseln zu können beim Kochen ist eben ganz anders als allein am Herd zu stehen und für vier Kinder zu kochen. Die Eltern planen schon, wie sie auch dann für die Familie weiterkochen, wenn bald das fünfte Kind geboren wird. „Alle zwei Wochen machen wir einen Plan, wer mit Kochen dran ist, und was auf den Tisch kommt.“ Bei der Auswahl der Gerichte wird grundsätzlich auf eine ausgewogene Ernährung Wert gelegt, aber natürlich dürfen es auch mal „Kinder-Klassiker“ wie Fischstäbchen mit Pommes sein. Und auch ein Nachtisch darf nicht fehlen, heute Vanillepudding mit Schokoladensoße. Nach dem Essen sind die Kinder gefragt: Geschirr abräumen und Tische abwischen, danach den Saal ausfegen und lüften.
Saskia zieht es danach noch einmal in den Stadtteilladen, während Nicola im Novemberregen lieber zum Fußballspielen vor die Kirche geht. Dort bolzt er zusammen mit Abdul, Ibo, Rabih und anderen, die dazu gekommen sind, zwischen Glockenturm und Kirchentür. „Bitte nur mit dem leichten Plastikball, damit nichts kaputt geht“, hat ihnen der Pastor gesagt.
Im Stadtteilladen wird währenddessen Memory gespielt. Der achtjährige Ibrahim kann sich die Symbole am besten merken. „Sagt immer laut, was ihr auf dem Bild seht“, muss Almut Schmidt, die pädagogische Leiterin, die Kinder manchmal erinnern. Auch auf diese Weise lernen sie die deutsche Sprache. Sprachförderung ist auch Christiane Friemanns Anliegen. Mit ihr können die Kinder zweimal in der Woche lautes Vorlesen üben. Für je zehn Minuten Einzeltraining gibt es einen Stempel, für fünf Stempel ein kleines Geschenk aus der großen Tüte. „Ich freue mich darüber, wenn ich merke, dass sie allmählich flüssiger lesen, und auch verstehen, was sie da lesen. Dann gibt es ein dickes Lob“, meint die ehrenamtliche Mitarbeiterin.
Das Team vom Stadtteilladen um Diakonin Almut Schmidt besteht derzeit aus elf ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, die sich an den Nachmittagen der Woche bei Hausaufgabenbetreuung und Freizeitangeboten abwechseln. Hinzu kommen noch 15-jährige Schüler der Oberschule Oerel wie Fabio oder Jessica, die jeweils an einem Nachmittag mithelfen, denn wenn 25 Kinder im Laden sind, gibt es jede Menge zu tun.
Zum Abschluss des Nachmittags sehen Saskia und die anderen Kinder den zweiten Teil des Filmes „Ronja Räubertochter“ von Astrid Lindgren. Als Saskia dann nach dem gemeinsamen Aufräumen um 17 Uhr nach Hause geht, liegt ein ereignisreicher Nachmittag hinter ihr.
Drei Fragen an Almut Schmidt
Ihr Resümee nach einem halben Jahr im Stadtteilladen?
Ich bin erstaunt, wie viele Kinder jeden Tag in den Laden kommen und hier ihre Zeit verbringen! Für dieses Angebot gibt es wirklich einen Bedarf.
In den Stadtteilladen kommen Kinder und ratsuchende Erwachsene, auch Ältere treffen sich bei Ihnen regelmäßig – wie schaffen Sie das alles?
Zum einen tragen tolle Ehrenamtliche diese Arbeit mit. Zum anderen arbeiten wir hier in Bremervörde gut zusammen mit den Beratungsstellen der Diakonie und des Landkreises und natürlich mit den Schulen. Das hilft weiter.
Was sind Ihre Ziele?
Auch lernschwachen Kindern und Kinder mit schwachen Deutschkenntnissen schulische Erfolge ermöglichen, damit sie gern zur Schule gehen. Und einüben, wie man rücksichtsvoll miteinander umgeht. Oft sage ich: „Es ist genug für alle da. Deshalb braucht ihr nicht zu drängeln.“
Der Stadtteilladen Bremervörde:
Die ev.-luth. Auferstehungskirche hat den Stadtteilladen als diakonisches Projekt im Jahr 2014 ins Leben gerufen. Förderer sind die Stadt Bremervörde, die IKEA-Stiftung, die Diakonie in Niedersachsen, der Kirchenkreis Bremervörde-Zeven und viele Einzelspender.
Schwerpunkte des Angebotes sind tägliche Hausaufgabenbetreuung und pädagogisch sinnvolle Freizeitgestaltung für Grundschulkinder. Hinzu kommt eine Kochinitiative und kostenfreie Unterstützungsangebote für Ratsuchende in Alltags-, Erziehungs- und Lebensfragen. Eine Anmeldung zum Beratungsgespräch ist nicht erforderlich.
Wer die Arbeit mit Kindern im Laden ehrenamtlich unterstützen will, meldet sich bei der pädagogischen Leiterin des Stadtteilladens Diakonin Almut Schmidt T. 04761 – 9264 345. Auch Spenden sind sehr willkommen: DE44 2415 1235 0000 1108 82 (Sparkasse Rotenburg-Bremervörde, Stichwort: Stadtteilladen Bremervörde).
Pastori Volker Rosenfeld, Kirchenkreis Bremervörde