Stade (epd). Im Streit um den Kurs des deutschen Pietismus hat der Stader evangelische Regionalbischof Hans Christian Brandy vor "Spaltungen, Ausgrenzungen und Verurteilungen" innerhalb des konservativen Protestantismus gewarnt. Das sei nicht hilfreich, mahnte der leitende Theologe in einem Beitrag für die hannoversche "Evangelische Zeitung" vom Sonntag.
In zwei Interviews hatte der Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Michael Diener, evangelikale Christen ermuntert, in Fragen der Sexualethik selbstkritischer zu sein und sich weniger gegen die Landeskirchen abzuschotten. Vor allem sein Eintreten für mehr Toleranz im Umgang mit Homosexuellen war in den Reihen der Evangelikalen auf zum Teil heftigen Widerspruch gestoßen. Diener ist seit November auch Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Zwischenzeitlich bedauerte Diener in einer persönlichen Erklärung die "Verwerfungen und Irritationen", die seine Interview-Äußerungen in der evangelikalen Bewegung ausgelöst hätten. Diejenigen, die seine Äußerungen als unangemessene Kritik verstanden und sich verletzt gefühlt hätten, bitte er um Entschuldigung. Das sei honorig, schrieb Brandy. Diener ginge es darum, die "fromme Szene" zeitgemäß zu leiten und ihre Stimme in der EKD einzubringen.
"Eine Welt, die immer weniger vom Evangelium weiß, braucht ein gemeinsames Zeugnis aller Christen", betonte Brandy. "Wir brauchen Menschen, die für ein klares Christusverständnis einstehen, für eine missionarische Kirche, die um die Kraft des Gebetes wissen." Der Pfälzer Pfarrer Diener ist auch Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz. Dem Dachverband gehören rund 1,3 Millionen evangelikal, pietistisch und charismatisch ausgerichtete Christen aus Landes- und Freikirchen an.