Stade/Elbe-Weser-Raum. Am 18. April vor 500 Jahren trat der Mönch Martin Luther auf dem Reichstag zu Worms vor Kaiser Karl V., um seine reformatorischen Überzeugungen zu verteidigen. Man hatte von Luther verlangt, seine Schriften zu widerrufen. Der Auftritt vor weltlicher wie geistlicher Obrigkeit und damit den mächtigsten Männern der Zeit endete mit der Weigerung Luthers, seinen Glaubensüberzeugungen abzuschwören. „Wenn ich nicht durch das Zeugnis der Heiligen Schrift oder durch gute Argumente überzeugt werde, dann bleibt mein Gewissen allein an Gottes Wort gebunden. Und darum kann und will ich nicht widerrufen.“ Die berühmten Worte „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“ hat Luther wohl nicht gesagt, sie tauchen erst kurz danach in Drucken seiner Rede auf. Luthers Gewissensentscheidung hatte eine unerhörte öffentliche Wirkung.
Für Hans Christian Brandy, Regionalbischof im Sprengel Stade, sind diese Worte bis heute eine wichtige Weichenstellung. „Es war einer der wirkmächtigsten Momente nicht nur in Luthers Leben, sondern in der Geschichte der Reformation und auch in unserer Geistesgeschichte: Gelebter Mut aus der Freiheit eines Christenmenschen.“ Dabei sei gerade so bedeutsam, dass der Mönch Martin Luther nicht nur die Freiheit seines Gewissens hochgehalten habe, sondern diese Freiheit sich dem Vertrauen auf Gott verdanke. „Luthers Freiheit ist immer gebunden an das Wort Gottes. Gerade diese Balance, diese Spannung zwischen Gewissensfreiheit und Bindung ist für mich eine Inspiration bis heute.“
In die Jetzt-Zeit übersetzt, so der leitende Geistliche, heiße das auch Haltung zu zeigen. „‚Haltung‘ hat etwas mit innerem ‚Halt‘ zu tun und mit Überzeugungen, die daraus resultieren und für die ich einstehe – auch gegen Widerstände. Unsere Zeit braucht Menschen, die mutig ihrem Gewissen verpflichtet sind und Haltung zeigen. Die eintreten für das Gemeinwohl, für eine offene und tolerante Gesellschaft, für die Würde jedes und jeder Einzelnen. In der Bindung an das Evangelium, der Botschaft von der Liebe Gottes zu allen Menschen.“
Das Gedenken an den Wormser Reichstag heiße für ihn zu fragen: „Was bedeutet es heute, aus dem christlichen Glauben heraus engagiert unsere Welt mitzugestalten?“ Luther sehe er dabei nicht als heroischen Helden, als der er durch die Jahrhunderte hindurch immer wieder dargestellt worden sei. „Luther war ein Mann mit vielen Widersprüchen, leidenschaftlich und mutig, aber auch von Anfechtungen und Zweifeln geprägt. Ein Mensch voller Ambivalenz.“ Das Jubiläum in Worms sei daher auch keine Heldenfeier, „sondern durch den mutigen Auftritt des Reformators ein wichtiges Zeugnis für Zivilcourage und Gewissensbindung.“
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) feiert das 500. Jubiläum „Luther vor dem Wormser Reichstag“ unter dem Motto: „Gewissen befreien. Haltung zeigen. Gott vertrauen.“
Weitere Informationen unter: www.luther-worms.de und www.wagemutig.de
Sonja Domröse, Pressesprecherin Sprengel Stade