Das 500. Jahr des Reformationsjubiläums kündigt sich an: Wo stehen wir? Wohin wollen wir? Das fragten sich am Samstag die 65 Teilnehmer des Tags der Kirchenvorstände des Ev.-luth. Kirchenkreises Osterholz-Scharmbeck im Bildungshaus im Campus. Wie Luther, der 1517 die Reformation einläutete, wollen die 16 Kirchengemeinden mit frischem Blick und Engagement ihre Kirchenregion fit für die Zukunft machen. Sie starteten mit Workshops und Ideenrunden.
Rund fünf Stunden lang nahmen Kirchenvorsteher/innen, die Mitglieder des Kirchenkreistags und die Mitarbeitenden der Kirchenkreisdienste die Kooperation in den sieben Kirchenregionen unter die Lupe. Es ist ein erstes Vorzeichen auf das Festjahr des Reformationsjubiläums, das am 31. Oktober in allen Kirchengemeinden mit vielen Veranstaltungen gefeiert wird.
Die Teilnehmer von sieben Arbeitsgruppen sehen ihre Regionen überwiegend positiv aufgestellt: Regionale Gemeindebriefe, Regionalgottesdienste, gemeinsame Stellenplanungen und Vertretungen sind einige der Projekte.
„Vertrauensvolles Miteinander“, „Großer Zeitgewinn“, „Blick über Tellerrand“, „Neue Ideen und Projekte“, „Gegenseitige Hilfe“, pinnten die Gruppenleiter an die Stellwände. Doch das Miteinander stößt mancherorts auch an Grenzen. Zu stark belastete Haupt- und Ehrenamtliche, zu wenige jüngere Mitarbeiter und unklare Absprachen wurden genannt.
Wo sind noch Spielräume und Chancen in den Kirchenregionen? In drei Expertenrunden wurden neue Lösungsmodelle und Wege vorgestellt.
Kord Sternberg, Leiter des Kirchenamtes in Verden und sein Finanzfachmann Torben Wienbarg warben für vier neue Kooperationsmodelle. „Ein neues Kirchengesetz, das seit Anfang 2016 gilt, eröffnet Ihnen die Wahl vieler Formen der Zusammenarbeit“, sagte Sternberg. Sie balancieren das Miteinander von Gemeinde und Region unterschiedlich aus. „Sie stärken die Identität von Region und Gemeinde – beide brauchen einander“, betonte Sternberg. Es gebe kein Idealmodell, „jede Gemeinde muss selbst entscheiden, was für sie am besten passt“.
„Wir haben bislang noch nichts vertraglich vereinbart“, warb Heike Schumacher, Vorsitzende des KKT, für verbindliche Regelungen. „Jetzt ist die richtige Zeit, da wir schon erste Erfahrungen haben. Wir können so Doppelstrukturen vermeiden und unsere Arbeit effektiver organisieren“, sagte Schumacher.
Pastor Marcus Garras (Wilstedt) lobte diese Wahlfreiheit: „Toll, diese Vielzahl abgestufter Lösungen, die viele Synergieeffekte freisetzen“. Leider, so bedauerte Pastor Hans Jürgen Bollmann (Lilienthal) gebe es noch keine Regionallösung für die Kirchenvorstandswahlen 2018: „Jede Gemeinde muss das wieder selbst in die Hand nehmen“, sieht er noch Handlungsbedarf.
Eine andere Gruppe diskutierte, wie die Jugendarbeit künftig gestärkt werden kann. Daniel Becker vom Kirchenkreisjugendkonvent (KKJK) schlug vor, „nach neuen Formen zu suchen, wie sich Jugendliche 2018 bei den Wahlen in Kirchenvorständen einbringen können.“ Die Verpflichtung auf sechs Jahre Mitarbeit sei „nicht tragbar und eine hohe Hemmschwelle“. Die Jugendlichen wünschten eine Begleitung ihrer Arbeit. Auch die Verständigung der Jugendlichen über Gemeindegrenzen hinaus funktioniere nicht gut. „Wir brauchen eine gemeinsame Plattform, die mitteilt, was kreisweit woanders passiert“ sagte Becker. Die eigene Homepage soll daher stärker bespielt werden.
Die Lösungsansätze für die diakonische Arbeit stellt Jutta Rühlemann vor. „Wir haben gesehen, dass das Diakonische Werk und die Kirchengemeinden noch enger zusammenarbeiten möchten“. Sie schlug konkrete Verabredungen zwischen beiden Partnern vor. Eine interne Strategie für den Austausch werde von drei Mitarbeiterinnen vorbereitet.
Moderator Michael Peters (Perspektivausschuss) wertete die Veranstaltung als „Meilensteintag“. Die Gruppen hätten „Erfahrungen ausgetauscht und gute Praxisbeispiele gesammelt“. Jutta Rühlemann dankte den Teilnehmern für ihr Engagement und den offenen Austausch. Sie wünschte allen, „dass wir die Spannung zwischen Hoffen und Wünschen und der unvollkommenen Wirklichkeit aushalten“.
Viele Delegierte zogen ebenfalls eine positive Bilanz. „Wir sind hier an den Realitäten orientiert, sollten die Ergebnisse auswerten und die Folgen ziehen“, schlug Detlef Schobeß, Kirchenvorsteher in Worpswede, vor. Die Regionen müssten stärker den „Mehrwert ihrer Kooperation aufzeigen und nach außen tragen“. Auch Jens Garbade (Lilienthal) wünscht sich, dass die vielen Ideen weiter verfolgt werden und in Ergebnisse münden. „Hier konnte jeder sehen, was andere Gemeinden bewegt und wie sie die Themen angehen“. Diese positiven Lösungsansätze sollten gesammelt und allen Gemeinden zur Verfügung gestellt werden.
Roland Hofer, Osterholz-Scharmbeck