Mit einem Reisesegen ist am Sonntag das Landesjugendcamp der hannoverschen Landeskirche zu Ende gegangen. Mehr als 1.000 Jugendliche aus ganz Niedersachsen feierten vier Tage lang auf dem Gelände des Evangelischen Jugendhofs Sachsenhain in Verden bei Bremen. Das Treffen findet alle zwei Jahre statt und stand diesmal unter dem Motto „Was die Zukunft bringt“. Veranstaltet wird es von der Landesjugendkammer, der Jugendvertretung in der Landeskirche.
Die Jugendlichen zwischen 13 und 27 Jahren konnten aus einer Fülle von Angeboten wählen, darunter laute und leise, sportliche und spirituelle, kulinarische und kreative. Zu den Höhepunkten gehörten ein gemeinsames Abendmahl und eine Taizé-Andacht im großen Hauptzelt mit allen Jugendlichen. „Diese Andacht hat mich sehr beeindruckt“, sagte Marten Siegmund (25) aus Leer, Vorsitzender der Landesjugendkammer. „Wirklich alle waren fünf Minuten lang still, man hätte eine Stecknadel fallen hören können.“
Im Sprengel (Kirchenbezirk) Osnabrück ging es vor allem kreativ zu: Hier konnten die Jugendlichen zum Beispiel eigene Würfel gestalten und aus Epoxidharz gießen. Bei der „Prayer Box“ waren die Teilnehmenden eingeladen, eigene Gebete hineinzustecken und sich ein anderes herauszunehmen. Im Zelt des Sprengels Hannover gaben sich junge Live-Bands die Klinke in die Hand oder die Jugendlichen sangen selbst Karaoke.
Ganz in pink gehalten war das Zelt aus dem Sprengel Lüneburg. Besonders die Candybar mit Zuckerwatte und anderen Süßigkeiten war heiß begehrt. Nebenan auf der Bühne wurde gesungen und diskutiert. Eine Talkrunde widmete sich der Frage nach der Zukunft der Kirche. Zu Gast waren der Bundestagsabgeordnete Helge Limburg (Grüne), der neue Präsident des Landeskirchenamts in Hannover, Jens Lehmann, und Landesjugendpastorin Miriam Heuermann. Auch Marten Siegmund diskutierte auf dem Podium mit. Für ihn ist klar: „Die Kirche muss lernen, dass Jugendarbeit nicht ein Arbeitsbereich unter vielen, sondern einer der wichtigsten ist.“ Veranstaltungen wie das Landesjugendcamp vermittelten ein positives Bild von Kirche. Wie wollen Jüngere ihren Glauben leben? In dieser Frage müsse die Kirche sich wandeln, ohne die klassischen Formen aufzugeben.
Während Teilnehmende draußen Party machten und tanzten, konzentrierten sich andere im Zelt des Sprengels Stade auf ein stilleres Thema: „Lass uns über den Tod sprechen!“ lautete das Motto – und das taten auf der Bühne eine Auszubildende zur Bestattungsfachkraft, Mitarbeitende im Krankenhaus und in der Seelsorge sowie Trauernde. Jede und jeder hatte einen eigenen Zugang zum Thema. So erzählte die angehende Bestatterin, dass es in ihrem Job nicht nur um Verwaltung gehe, sondern sie auch den Trauerprozess der Menschen begleite. Die Jugendlichen im Publikum hatten sehr konkrete Fragen, berichtete Merle Kanowski, eine Ehrenamtliche aus Verden. Beispielsweise sei es um den Sinn des Kaffeetrinkens nach der Beerdigung gegangen. „Andere haben sich Gedanken über die Musik bei ihrer eigenen Trauerfeier gemacht – einer wünscht sich einen Song des Rappers Alligatoah.“
Manche nutzen die Gelegenheit, in einem Sarg Probe zu liegen. Eine makabre Idee? Viele hatten Respekt davor, sagte Söhnke Helms, Stadtjugendreferent im Kirchenkreis Bremerhaven. „Aber hinterher sagten sie, es sei eine wertvolle Erfahrung gewesen.“ Den ursprünglich weißen Sarg hatten hunderte Jugendliche auf dem Camp bunt gestaltet. Er soll einer Familie gespendet werden, die die Bestattungskosten nicht aufbringen kann.
Das „Global Village“ und die Camp-Seelsorge teilten sich ein Zelt. Das „Global Village“ war Anlaufpunkt einer internationalen Jugendbegegnung, die ihren Auftakt beim Evangelischen Missionswerk in Hermannsburg hatte. Nun mischten sich neun junge Gäste aus Südafrika, Brasilien, Honduras und Lettland unter das Camp-Geschehen.
Wem der Trubel zu viel wurde, der konnte sich in die Sitzsäcke der Camp-Seelsorge fallen lassen. Studierende der Theologie und der Religionspädagogik sowie Ehrenamtliche des Projekts Peer-to-Peer-Seelsorge waren aber nicht nur im Zelt ansprechbar, sondern gingen auch über das Gelände und hielten Augen und Ohren offen, ob es allen gut ging. Wenn alle schliefen, sorgte der Camp-Nachtdienst in zwei Schichten für Sicherheit auf dem Gelände.
Viele weitere Programmpunkte wie Bibelarbeiten, das Brettspielcafé oder eine Silent Disco, bei der alle Feiernden Kopfhörer trugen, gingen gut zusammen. An einem Stand informierte ein Team über den Kirchentag, der 2025 in Hannover stattfindet. Nebenan informierten Mitarbeitende der Landeskirche über das Theologiestudium. Großer Beliebtheit erfreute sich zudem ein aufwändiger Kletterpark, der sogar bei Dunkelheit genutzt werden konnte. Auch in Sachen Ökologie setzte das Camp Maßstäbe. So gab es auf dem Gelände Solarduschen und chemiefreie Biotoiletten. Achtlos weggeworfener Müll auf der Campwiese? Nirgendwo zu sehen.
Immer präsent bei den Programmpunkten war das Presseteam, das während des Camps aktuell auf Instagram (lajucamp) und TikTok (zukunft.evangelisch) berichtete. Ein eigens während der Veranstaltung produzierter Podcast gewährte Einblicke hinter die Kulissen und lieferte Hintergründe. Zu hören sind die 13 Folgen auf allen gängigen Podcast-Plattformen.
Noch am Wochenbeginn hatte das Camp auf der Kippe gestanden. Nach ausdauernden Regenfällen waren große Teile der Wiese überschwemmt. Im Vorfeld und noch während der Aufbauphase beschlossen daher mehrere Kirchenkreise, auf die Teilnahme zu verzichten. Vor allem den Gruppen mit jüngeren Teilnehmenden schienen die Umstände zu unsicher. „Es ist schade, dass das Wetter nicht so wie gewünscht mitgespielt hat. Ich kann die Absagen verstehen“, sagte Landesjugendpastorin Miriam Heuermann. „Aber es ist schön zu sehen, dass es jetzt noch so gut geworden ist. Das Camp ist ein voller Erfolg!“
Das GWS-Team (Gas – Wasser – Service) habe alle Hände voll zu tun gehabt; die Plätze der Schlafzelte seien kurzerhand in trockene Bereiche verlegt worden. Als das Wetter wieder besser wurde, seien Gruppen als Tagesgäste angereist, etwa der Kirchenkreis Aurich. Andere Kirchenkreise hatten mit ihren Angeboten Unterschlupf bei den teilnehmenden Gruppen gefunden.
Marten Siegmund konnte den Umständen auch Positives abgewinnen: „Alle sind dichter zusammengerückt, die Stimmung ist super!“ Während früher manche Gruppen eher unter sich geblieben seien, habe es diesmal deutlich mehr Austausch gegeben, auch unter den Teamerinnen und Teamern.
Eine kleine Gruppe Jugendlicher organisierte auf eigene Faust einen weiteren Programmpunkt: Sie verabredeten sich nachmittags zur Schlammschlacht.
Lothar Veit, Pressestelle Hannover