Evangelische Zeitung, 10. Juli 2016
Taufen von Flüchtlingen
Immer wieder gibt es jetzt Taufen von geflüchteten Menschen, besonders solchen aus dem Iran oder Afghanistan. Das wird öffentlich breit wahrgenommen und diskutiert, teilweise auch kritisch.
Für mich ist klar: Wir begegnen jedem, der zu uns kommt, in Nächstenliebe sowie mit Respekt für seine Religion und Weltanschauung, sofern sie sich in die Grundwerte unserer Gesellschaft einfügt. Mit Muslimen suchen wir Begegnung und Dialog im Geist der Toleranz. Wir vereinnahmen Menschen anderer Religion nicht und drängen unseren Glauben niemandem auf. Aber wir verschweigen das Zeugnis von Christus auch nicht, wir sagen, woran wir glauben und was unsere christliche Gemeinschaft ausmacht.
So nehmen wir auch den Wunsch ernst, unseren Glauben kennen zu lernen, sich taufen zu lassen und Mitglied unserer Kirche zu werden. Natürlich braucht es dafür eine gründliche Vorbereitung. Dafür gibt es EKD-weit verabredete Standards und gute Materialien, die in den christlichen Glauben hineinführen. Die Iraner-Seelsorge unserer Kirche, die es schon seit Jahrzehnten gibt, unterstützt gern.
„Freude und Verantwortung“ – so die EKD-Broschüre – sind angezeigt, wo Flüchtlinge sich taufen lassen möchten. Ja, es ist für mich eine Freude, wo Menschen zu Christus finden, wo sie die befreiende Kraft des Evangeliums erfahren und christliche Gemeinschaft als Heimat und Unterstützung erleben.
Zur Verantwortung gehört es, auch auf die Gefahren eines Übertritts hinzuweisen, die leider in einigen islamischen Ländern groß sind. Das ist schlimm. Nach der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gehört es zu den Grundrechten jedes Menschen, die eigene Religion frei zu wählen und auch zu wechseln.
Zur Verantwortung gehören auch die Integration und Begleitung derer, die in unsere Kirche hineingetauft werden. Wo finden sie Heimat in der Gemeinde? Welche Unterstützung brauchen sie? Ich glaube, durch neue Glaubensgeschwister werden sich manche Gemeinden verändern – und das wird uns gut tun, weil unsere Kirche durch sie bunter und lebendiger wird.
Landessuperintendent Dr. Hans Christian Brandy